Lesetipps im Januar 2015

Das Narrenschiff
Turf
Ein außergewöhnliches Königreich
Es war einmal ein kleiner König, der über das Land Irrwater herrschte. Er war bei allen beliebt, nur sein Vertrauter, der große Koordinator, wollte selbst die Macht übernehmen und hinterging den kleinen König. Doch dieser neue Herrscher und seine Anweisung das altbewährte Steifenmuster gegen Punkte zu ersetzten, war längst nicht die einzige Aufregung in Irrwater. Neben Kürbisschmuggel, unerklärlichen Erdbeben sind auch die Königstochter und ihr Hofnarr plötzlich verschwunden. Und was hat es mit den seltsamen Maschinenwesen auf sich, die des Nachts unbemerkt aus dem Untergrund auftauchen?
Mit überbordender Fantasie hat Turf mit seiner Serie Das Narrenschiff eine wunderbar skurrile Welt geschaffen. Nachdem die Serie Ende der 1990er bis Anfang der 2000er Jahre bereits einmal beim alten Splitter Verlag bzw. bei Kult Editionen begonnen, aber nie beendet wurde, liegt nun endlich eine Gesamtausgabe vor, ein 400 Seiten starker Hardcover-Wälzer, der neben den sieben regulären Alben (davon drei in Erstveröffentlichung) außerdem eine zusätzliche Geschichte enthält, die weitere Hintergründe über den kleinen König und sein Reich vermittelt. Turf ist mit „Das Narrenschiff“ eine Serie voll spielerischer Fantasie gelungen, in der die außergewöhnlichen erzählerischen Ideen bestens mit der gestalterischen Umsetzung harmonieren. Wunderschöne Farben, wechselnde Zeichenstile, um zum Beispiel die Träume der Figuren zu illustrieren und viele originelle Gestaltungsideen der Seiten machen das Buch auch optisch zu einem echten Lesevergnügen. Neuleser/innen sollten nur besser den Buchrückentext ignorieren, da dieser eine Überraschung der Geschichte spoilert.



Aya – Leben in Yop City
Margueritte Abouet/Clément Oubrerie
Alltag in Afrika
Nach dem vor etwa einem halben Jahr erschienenen ersten Sammelband von Aya folgten unter dem Titel „Aya – Leben in Yop City“ nun die abschließenden drei Episoden in deutscher Erstveröffentlichung. Die von Margueritte Abouet geschriebene Geschichte führt die LeserInnen erneut mitten ins turbulente Leben des dörflich wirkenden Stadtteils Yopougon in Abidjan (Aya spielt in den 1970er Jahren, also lange bevor der Bürgerkrieg in der Côte d’Ivoire ausbrach) und verfolgt weiter die Alltagsdramen, in die Abouet ihr buntes Figurenkarusell verstrickt. Da hat zum Beispiel Aya bei ihrem Studium Probleme mit den Übergriffen eins Professors, Moussas Eltern können trotz Einsatz von Detektiven ihren Sohn nicht aufspüren, entecken aber zumindest, wo all das Geld geblieben ist, das Moussa ihnen stahl, Féli soll gegen ihren Willen zurück aufs Dorf zu ihrer Familie und Hervé lässt sich von einer neuen Freundin beeinflussen. Ein Handlungsstrang führt gar nach Paris, wohin Innocent gegangen ist. Schnell hat er vom dortigen Leben genug – doch dann lernt er jemanden kennen. Innocents Ex-Liebhaber in Yopougon will sein Schwulsein dagegen durch den ziemlich misslungenen Versuch, eine Ehe anzubahnen, verstecken. All dies (und mehr) hat Zeichner Clément Oubrerie wieder mit leichtem Strich zu Papier gebracht.
Abouets und Oubreries Blick auf Afrika verbindet Tragisches und Komisches in einer wunderbaren und bestens unterhaltenden Graphic Novel. In Frankreich wurde zu Aya vor einigen Jahren sogar ein animierter Spielfilm produziert.



Last Man
Balak/Michaël Sanlaville/Bastian Vivè
Was dabei herauskommt, wenn ein paar junge französische Autoren zu viel Manga à la Naruto lesen, zeigen Balak, Michaël Sanlaville und Bastian Vivès in ihrer Reihe Last Man, in der sie vom jungen Adrian erzählen, der erstmals beim großen Kampfturnier teilnehmen will. Er hat dafür in der Kampfschule fleißig unter seinem Meister trainiert. Bei diesem Turnier sind aber nur Teams aus zwei Personen zugelassen und Adrians Partner lässt ihn dank einer Magenverstimmung im Stich. Doch dann taucht ein Fremder auf, der kurzerhand Adrien als Partner wählt, um selbst teilnehmen zu können. Es zeigt sich allerdings, dass auch die Kampftechniken dieses Mannes sehr fremdartig sind: Denn von Eleganz oder Anrufung der Elemente hat er keine Ahnung, sondern er verlässt sich ganz auf seine Fäuste ...
Ein spaßiger Comic voller schräger Fights, angesiedelt in einer mittelalterlichen Fantasywelt. Der Fremde allerdings scheint aus einer ganz anderen Welt zu kommen – passt aber dennoch perfekt in die Szenerie, genauso wie diese „typisch japanische“ Story auch bestens zu dem europäischen Autorenteam passt.