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Unsere Lesetipps > Archiv: Oktober 2012
 

Rosalie Blum

Camille Jourdy
Cover: Rosalie Blum

Verfolger und Verfolgter

Vincents Leben läuft in einfachen und recht geregelten Bahnen. Der 30-jährige arbeitet als Friseur im vom Vater übernommenen Laden, wohnt im Haus seiner Mutter – einer äußerst verschrobenen älteren Frau, die in der Wohnung über Vincent mit jeder Menge Puppen lebt — und er bastelt in seiner Freizeit Modellbauschiffe. Als ihn eines Tages seine Mutter in ihrer unnachahmlich fordernden Art, ohne die Forderung tatsächlich auszusprechen, nochmal zum Einkaufen losschickt, gerät sein alltäglicher Trott ganz plötzlich aus der Spur. Um ein sonntags geöffnetes Geschäft aufzusuchen, muss er ans andere Ende der Stadt radeln. In diesem Geschäft trifft er auf eine Verkäuferin, die ganz plötzlich etwas in ihm auslöst. Er glaubt, sie zu kennen, hat aber nicht die geringste Idee woher und ist auch viel zu schüchtern, um sie darauf anzusprechen. Doch er bekommt diese Verkäuferin nicht mehr aus dem Kopf. Einige Tage später sieht er sie erneut in der Stadt und beschließt ganz spontan, ihr einfach nachzulaufen. Er verfolgt sie bis nach Hause, wo er ihren Namen auf dem Klingelschild lesen kann: Rosalie Blum. Schon nach kurzer Zeit wird es für Vincent zu einer regelrechten Obsession, Rosalie heimlich zu verfolgen und immer mehr über sie und ihr Leben zu erfahren.

Was erst einmal sehr unangenehm klingt, denn niemand möchte eigentlich von einem heimlichen Spanner verfolgt werden, hat Camille Jourdy zu einer charmanten und humorvollen Geschichte verarbeitet. Vincent ist ein durchaus sympathischer Charakter, nur einfach völlig verschüchtert und Rosalie in keiner Weise in einer Opferrolle. Eher amüsiert bemerkt sie ihren jüngeren „Fan” und dreht, ohne dass Vincent etwas bemerkte, den Spieß um. Sie schickt ihrerseits ihre Nichte auf die Spuren Vincents, um schließlich gar bei dem ahnungslosen Friseur, als Kundin im Salon aufzutauchen. Auf 360 Seiten entwickelt sich langsam eine Freundschaft zwischen den Beteiligten. Auch Rosalie, die den Kontakt zur Familie abgebrochen hatte, kommt ihrer Nichte erstmals näher. Und für alle bedeuten die Geschehnisse auch Veränderungen – und Veränderungen können im Leben etwas sehr Gutes sein ... Camille Jourdy präsentiert hier eine mitreißend erzählte Geschichte, die neben überraschenden Wendungen auch jede Menge skurriler Charaktere bietet, sei es Vincents Mutter oder die unglaublich schrägen Mitbewohner von Rosalies Nichte. Und neben den humorvollen Klängen finden sich auch ernsthafte Töne in diesem mit lockerem Strich gezeichneten und äußerst gelungenen Blick auf das alltägliche Auf und Ab des menschlichen Lebens.

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Der Winter des Zeichners

Paco Roca

Hicksville

Dylan Horrocks
Cover: Der Winter des Zeichners

Cover: Hicksville

Von Comiczeichnern

Spanien, Ende der 1950er-Jahre: Der 1910 gegründete Verlag Bruguera ist vom kleinen Familienunternehmen zum größten Comicverlag des Landes gewachsen. Die für Bruguera tätigen Zeichner haben zwar ein sicheres Auskommen, doch all ihre Zeichnungen und ihre Figuren gingen in das Eigentum des Verlages über. Die Arbeit gleicht mehr einer Fließbandproduktion, denn einer kreativen Tätigkeit. 1957 wollen fünf der bekanntesten Bruguera-Zeichner aus dieser Situation ausbrechen. Sie gründen ihr eigenes Comicmagazin, mit dem sie zu ihrem alten Arbeitgeber in Konkurrenz treten. Doch Bruguera zieht hinter den Kulissen alle möglichen Strippen, um den Erfolg des neuen Magazins zu verhindern und etwa eineinhalb Jahre später bleiben vier der fünf “Rebellen” (der Fünfte findet neue Auftraggeber im Ausland) nur die Entscheidung, an ihren alten Arbeitsplatz zurückzukehren. Bruguera nimmt die Zeichner aufgrund ihrer Fähigkeiten gerne wieder auf – zu exakt den gleichen Knebelverträgen, vor denen sie vorher geflüchtet waren.
An diese kurze und historisch wahre Episode des künstlerischen Aufbruchs erinnert Paco Roca in seinem Comic-Roman Der Winter des Zeichners. Packend erzählt und elegant gezeichnet lässt er eine vergangene Epoche und ein in Deutschland weitgehend unbekanntes Stück Comic-Zeitgeschichte (von den Bruguera-Zeichnern ist hier am ehesten der „Clever & Smart”-Zeichner Francisco Inbáñez bekannt, der seine Laufbahn dort 1957 genau während der „Rebellion” begann) lebendig werden.

Viele reale Comiczeichner werden auch in Dylan Horrocks' Hicksville erwähnt, seine Erzählung über dieses winzige neuseeländische Küstenstädtchen ist dagegen reine und herrlich erzählte Fantasie. Leicht zu finden ist der abgelegene Ort allerdings nicht. Dies muss auch der amerikanische Journalist Leonard Batts erfahren, als er zur Recherche nach Hicksville reist. Er will mehr über die Wurzeln des aus Hicksville stammenden Dick Burger erfahren, einem in den USA zum Megastar aufgestiegenen Superheldenzeichner, der inzwischen Inhaber eines mächtigen Comic- und Film-Konzerns ist. Allerdings rechnete er weder damit, auf einen Ort zu stoßen, in dem jeder Einwohner ein großer Comic-Liebhaber ist (und dessen örtliche Bibliothek unter der Leitung der netten alten Dame Mrs. Hicks wohl die weltgrößte Auswahl an Comic-Schätzen zum Verleih bietet), noch dass allein die Erwähnung des Namens Burger ihn in Hicksville äußerst unbeliebt macht. Denn hinter Dick Burgers Aufstieg steckt ein dunkles Geheimnis ...
Auch wenn Horrocks Buch zeichnerisch eher schlicht gehalten ist, macht dies die wunderbare und unterhaltsame Geschichte mehr als wett – eine außergewöhnliche Liebeserklärung ans Medium Comic mit kritischen Tönen zum Business.

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Sasimra
Band 1: Der Ruf
Band 2: Der falsche Ton

Laurent Vicomte, Claude Pelet
Cover: Sasmira

Reise in die Vergangenheit

Als Stanislas mitten auf der Straße plötzlich von einer alten Frau angesprochen wird, ahnt er nicht, dass dies der Beginn einer unglaublichen Geschichte wird. Diese Frau scheint ihn zu kennen, gibt ihm einen seltsamen Ring und stirbt kurz darauf in seinen Armen. Ein altes Foto, irgendwann zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgenommen, ist alles, was die Frau bei sich trug. Laurents Freundin Bertille findet eine erste Spur zu auf dem Foto abgebildeten Landhaus. Doch Laurent interessiert sich weniger für das Haus, als für eine auf dem Bild zu sehende Frau, von der er sich auf mysteriöse Weise angezogen fühlt. Als Laurent und die ihm gefolgte Bertille das inzwischen leer stehende und verfallene Haus tatsächlich gefunden haben, geschieht dort etwas Unglaubliches. Die Beiden finden sich plötzlich um gut 100 Jahre in der Zeit zurückversetzt wieder. Das Haus ist erneut (oder besser noch) von Leben erfüllt, die Personen auf dem alten Bild sind plötzlich quicklebendige Anwesende – so auch die attraktive und geheimnisvolle Sasmira, von der Laurent so fasziniert ist ...
1998 erschien Band 1 dieser Serie bereits im (alten) Splitter Verlag und die wunderbare und mysteriöse Geschichte zog die LeserInnen in ihren Bann. Doch dann waren (auch bei der französischen Originalausgabe) 14 Jahre Geduld angesagt, bevor nun die Fortsetzung (zusammen mit einer Neuausgabe des ersten Bandes) im neuen Splitter Verlag erschien. Und so sehr diese Fortsetzung freut, bleiben leicht gemischte Gefühle. Der Zauber der Geschichte ist keineswegs erloschen, aber irgendwie abgeschwächt. Aber vielleicht kann Laurent Vicomte die Flamme ja wieder entzünden, wenn er das Projekt nun mit der zeichnerischen Unterstützung von Claude Pellet nicht nur in absehbarer Zeit, sondern auch mit magischen und überraschenden Ideen fortsetzt.

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